Wirtschaftskrieg durch Trump

Wirtschaftskrieg durch Trump: Unions-Wirtschaftssprecher Pfeiffer spricht Warnung aus

Der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), hat mit Blick auf die Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump vor einem Handelskrieg gewarnt. Im Gespräch mit der Berliner Wochenzeitung „Das Parlament“ (Ausgabe 30. Januar) sagte er: „Einen Handelskrieg gilt es unter allen Umständen zu vermeiden, weil es hier nur Verlierer gibt. Ronald Reagan sagte einmal treffend als US-Präsident, Welt- und Freihandel bringen Wohlstand für alle, aber Protektionismus bedeutet Zerstörung.“

In den USA werde jetzt von Trump „ein völlig falscher Politikansatz verfolgt. Er betrachtet die Ökonomie betriebswirtschaftlich und meint, es gibt einen fixen Markt, wo der eine gewinnt, wenn der andere verliert.“ Es sei aber längst erwiesen, dass freier Welthandel „aus volkswirtschaftlicher Sicht mehr Wohlstand für alle bringt, durch Wertschöpfungsketten und internationale Arbeitsteilung.“

Pfeiffer mahnte, trotz der aktuell guten Wirtschaftslage bei Reformanstrengungen in Deutschland nicht nachzulassen. Der Hauptaugenmerk sollte der weiteren Haushaltskonsolidierung, der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes und dem Kampf für einen freien Welthandel gelten. 

Das Interview im Wortlaut: 

Herr Pfeiffer, im neuen Jahreswirtschaftsbericht heißt es, das solide und stetige Wirtschaftswachstum in Deutschland werde sich auch 2017 fortsetzen. Sind Sie auch so optimistisch?
Es gibt Gründe, weiter optimistisch zu sein, trotz schwierigeren wirtschaftlichen Umfelds. Die deutsche Wirtschaft ist nach wie vor wettbewerbsfähig, robust und auf dem Wachstumspfad. Durch hohe Beschäftigtenzahlen haben wir hohe Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen sowie einen Reallohnzuwachs wie lange nicht mehr. Deshalb ist auch die Binnenkonjunktur zu einer der tragenden Säulen geworden. Die sich gegenseitig positiv beeinflussenden Entwicklungen von guter Wettbewerbsfähigkeit, hohen Beschäftigtenzahlen, steigenden Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen, hohe Reallohnzuwächse sowie guter Binnenkonjunktur haben eine echte Aufwärtsspirale in Deutschland geschaffen. Dies gibt Anlass für die Erwartung, dass die Glücksspirale auch 2017 anhält. Zudem ist Deutschland 2016 erneut Exportweltmeister geworden, obwohl sich da vieles eingetrübt hat. In ehemaligen Wachstumswunderländern wie Brasilien, Türkei oder Russland war die Lage nicht mehr so gut. Aber es gab auch Länder wie in Mittel- und Osteuropa, wo es 2016 sehr gut lief. Auch China hatte noch ein leichtes Plus und es gibt viele neue Märkte auf der Welt, wo Deutschland gut unterwegs ist.

Viele Ökonomen fürchten, dass die Wirtschaftspolitik Trumps mit „America First“ zur Gefahr für unsere Wirtschaft werden könnte. Wie sehen Sie das?
Das macht mir sehr große Sorgen. Schon nach der großen Krise 2009/2010 brachten den jahrzehntelangen Trend zum Stillstand, dass der Welthandel stärker als das Wirtschaftswachstum steigt. In den USA wird jetzt vom neuen Präsidenten Trump ein völlig falscher Politikansatz verfolgt. Er betrachtet die Ökonomie betriebswirtschaftlich und meint, es gibt einen fixen Markt, wo der eine gewinnt, wenn der andere verliert. Aber schon vor 200 Jahren hat der britische Ökonom Ricardo nachgewiesen, dass freier Welthandel aus volkswirtschaftlicher Sicht mehr Wohlstand für alle bringt, durch Wertschöpfungsketten und internationale Arbeitsteilung. Freier Handel ist eben kein Nullsummenspiel. Die positive Spirale, die sich aus der Liberalisierung des Welthandels in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat, droht nun unterbrochen zu werden. Deutschland als Exportweltmeister ist in besonderem Maße darauf angewiesen, dass dies nicht passiert. Das Ganze ist eine Win-win-Situation, so entstehen auch in den USA Arbeitsplätze. Wir dürfen daher nicht wie das Kaninchen auf die Schlange starren, sondern müssen weltweit eine Koalition der Willigen für Freihandel schmieden. Da gibt es viele positive Entwicklungen wie zuletzt mit Japan, Neuseeland, Australien oder den ASEAN-Staaten. Auch die Chinesen sind hier mit von der Partie.

Aber in China schwächt sich das Wachstum ab und es droht ein Handelskrieg mit den USA.
Einen Handelskrieg gilt es unter allen Umständen zu vermeiden, weil es hier nur Verlierer gibt. Ronald Reagan sagte einmal treffend als US-Präsident, Welt- und Freihandel bringen Wohlstand für alle, aber Protektionismus bedeutet Zerstörung.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist der Brexit. Bisher gab es noch keine Auswirkungen für die europäische Wirtschaft, aber können die nicht noch kommen?
Die Briten haben sich für den Austritt entschieden. Das Ganze ist eine traurige Sache, denn da gibt es nur Verlierer. Jetzt gilt es, das vernünftigste aus der Situation zu machen und in den Verhandlungen mit London im Sinne des Freihandels mit der EU möglichst gute Lösungen finden. Gleichzeitig ist den Briten in aller Deutlichkeit klar zu machen, dass es mit uns kein Cherry Picking geben wird und dass es oberstes Ziel bleibt, die Einheit und die Integrität des europäischen Binnenmarktes zu erhalten.

Minister Gabriel akzentuiert im Jahreswirtschaftsbericht das Thema Gerechtigkeit. Er spricht von „inklusivem Wachstum“: Alle sollen vom Aufschwung profitieren, damit Ungerechtigkeit in der Gesellschaft abgebaut wird. Aus der Union gab es Kritik, das sei zu sozialdemokratisch. Was halten Sie von solchen Akzentsetzungen?
Für mich klingt dies sehr nach altem Wein in neuen Schläuchen. Die alte, fruchtlose Umverteilungsdiskussion wird hinter neuen Vokabeln wie „inklusiv“ versteckt. Ludwig Erhard hat dazu mit seinem Grundsatz „Wohlstand für alle“ schon vor Jahrzehnten alles Notwendige gesagt: Zunächst muss erwirtschaftet werden, bevor verteilt werden kann. Je mehr erwirtschaftet wird, desto mehr Wohlstand kommt auch in der breiten Bevölkerung an. Das hat in der Bundesrepublik funktioniert. Der Wettbewerb hebt Effizienzpotenziale und das Eigentum garantiert die Verantwortlichkeit des Einzelnen. Und daher bedeutet Gerechtigkeit nicht, dass jeder das Gleiche haben muss. Vielmehr bedeutet Gerechtigkeit Chancengerechtigkeit, das heißt die Möglichkeit für jeden Einzelnen, sich nach seinen Fähigkeiten und seinem Können zu entwickeln. Dafür müssen die Rahmenbedingungen geschaffen werden, durch gute Bildungs- und Ausbildungspolitik, Förderung von Innovationen und Technologieoffenheit.

Dahinter steckt die Sorge, dass sich die vielen wirtschaftlich und sozial „Abgehängten“ hierzulande am Establishment rächen könnten wie in den USA.
Objektiv geht es Deutschland heute so gut wie noch nie zuvor in seiner Geschichte. Subjektiv ist es natürlich immer so, dass der Einzelne Sorgen im persönlichen Bereich oder auch mit Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung hat. Und natürlich versuchen auch hierzulande Populisten von links und rechts, diese Sorgen zu instrumentalisieren, Fakten durch Emotionen zu ersetzen. Das betrifft die absurden Kampagnen gegen CETA und TTIP, genauso wie das Thema Flüchtlinge. Insbesondere beim Thema innere Sicherheit gilt es, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen und sich auf die veränderten Bedingungen durch massenhafte Migrationsbewegungen und Terrorismusgefahr schneller einzustellen. Erste Maßnahmen wurden bereits umgesetzt. Weitere Vorschläge wurden leider bisher durch rot-grün im Bundesrat blockiert. Wenn die berechtigten Sorgen der Bürger beim Thema Innere Sicherheit ernst genommen werden, kann es auch gelingen, populistischen Strömungen den Boden zu entziehen.

Was wünschen Sie sich für ein dauerhaftes und befriedigendes Wirtschaftswachstum in Deutschland?
Trotz der aktuell guten Wirtschaftslage dürfen die Reformanstrengungen nicht nachlassen. Wer sich auf dem Erreichten ausruht, hat schon verloren, gerade angesichts des schwieriger werdenden internationalen Umfelds. Der Hauptaugenmerk sollte der weiteren Haushaltskonsolidierung, der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes und dem Kampf für einen freien Welthandel gelten. Beim Thema Wettbewerbsfähigkeit sehe ich Handlungsbedarf: Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes durch Zeitarbeit und im Niedriglohnsektor, notwendigen Investitionen in Forschung und Entwicklung in Bereichen wie der Raumfahrt, Nanotechnologie oder neue Mobilität, das Vorantreiben der Digitalisierung sowie beim geplanten Umbau der Energieversorgung die in den letzten Jahren ausufernden Subventionen und Staatseingriffe in den Energiemarkt zügig zurückzufahren.

Zu viel Bürokratie durch überflüssige Berichtspflichten und Vorschriften ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen ein Problem ersten Ranges. Ein einfaches Beispiel: Ein Smartphone muss über fünf Jahre abgeschrieben werden – viel länger als es meistens überhaupt im Einsatz sein wird. Das geht an der Lebenswirklichkeit vorbei. Umso mehr gilt es nun, mit dem laufenden 2. Bürokratieentlastungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode ein echtes Signal an den Mittelstand zu geben. Insgesamt bin ich davon überzeugt, dass eine starke Wirtschaft, offene Märkte und ein freier Welthandel der Schlüssel ist für Frieden und Wohlstand hier und in der Welt.

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Herausgeber: Deutscher Bundestag
Das komplette Interview erscheint in der kommenden Ausgabe der Wochenzeitung „Das Parlament“ (Erscheinungstag: 30. Januar 2017)

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