Einzelausstellung STADTWESEN von Tobias Zaft im Levantehaus Hamburg 2017

Aktuell in Hamburg: STADTWESEN von Kunst, Präsidenten, Metropolen und Größenwahn.

Einzelausstellung STADTWESEN von Tobias Zaft
im Levantehaus Hamburg Mönckebergstr. 7, 20095 Hamburg
Öffnungszeiten: Mo – Sa 10 – 20 Uhr
Ausstellungsdauer vom 26. Oktober – 18. November 2017

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Tobias Zaft arbeitet als Künstler zwischen Deutschland und China. Derzeit läuft in der Hamburger Innenstadt (seiner Heimatstadt) seine große Einzelausstellung STADTWESEN vor und im Levantehaus. Viele Besucher sind beim Betrachten der unübersehbaren Kunstwerke verwirrt und sprachlos, was auch durchaus beabsichtigt ist. Viele fragen ratlos nach einer „Erklärung“ – wobei die Werke selbst bereits eine präzise Antwort auf eine komplexe und widersprüchliche Metropolenkultur sind. Denn die Arbeiten zeigen, wohin uns der globale Kapitalismus führt: in einen fragilen Schwebezustand zwischen Licht und Schatten, in dem Technologie den Menschen dominiert und jede Form von Individualität unterdrückt wird.

STADTWESEN von Tobias Zaft im Levantehaus Hamburg 2017

Wer die Ausstellung in der Hamburger Innenstadt besucht, betritt eine „Parallelstadt“ aus haushohen, multimedialen und interaktiven Installationen. Die großformatigen Werke sind inspiriert von der Begegnung mit dem chinesischen Turbokapitalismus – einem System, das zahlreiche Fragen und Widersprüche aufwirft. Diese ambivalente Wirkung von Anziehungskraft und Abneigung kommen in den Arbeiten zum Ausdruck und sollen die Besucher der Hamburger Innenstadt bei Ihrer Shopping-Tour maximal verwirren – u.a. leistet eine Klanginstallation mit deutsch-chinesischem Sprachenwirrwarr im Haupteingang ihren Beitrag dazu. Global mutieren die Metropolen zu immer lebensfeindlicheren Biotopen, zu denen nur privilegierte Bevölkerungsschichten Zugang haben…

STADTWESEN von Tobias Zaft im Levantehaus Hamburg 2017

Großstadtmoloch Peking – eine Hassliebe im Dunstkreis von
Einsamkeit, Leere, Faszination, Anziehungskraft, Enttäuschung, soziale Kälte, technologische Innovation, Wachstum, Mutation, Zerbrechlichkeit, Turbokapitalismus, Hybris, Gier, Größenwahn, Rätselhaftigkeit und Macht

STADTWESEN von Tobias Zaft im Levantehaus Hamburg 2017

 

Lesen Sie hier einige Auszüge aus unserem Interview mit Tobias Zaft:

• 2007 ging ich voller Erwartungen mit einem DAAD-Jahresstipendium nach Peking, wo ich schließlich fünf Jahre lebte und bis heute regelmäßig reise.
• Leben in Peking: bereits nach wenigen Wochen ein zerplatzter Traum. Gründe:
1) die Kunstakademie beschränkte durch seine bürokratische Struktur die künstlerische Freiheit.
2) der Alltag war wegen der Menschenmassen und Staus äußerst ineffizient.
3) der chinesische Kunstmarkt ist ausländischen jungen Künstlern vollkommen verschlossen.

• Meine Konsequenz:
1) ich kehrte der Kunstakademie den Rücken
2) ich verließ meine Wohnung für zwei Jahre nur noch nachts, um die dann menschenleere Metropole besser erkunden zu können.
3) ich entdeckte den Stadtraum mit seinen zahlreichen Medienfassaden als Ausstellungsfläche für meine Kunst.

• Bei meinen nächtlichen Erkundungstouren prägten sich die zahlreichen Lichter (Schriftzeichen, Werbeflächen, Fassadenbeleuchtung, Bildschirme) und Architekturen in mein visuelles Gedächtnis ein. Tagsüber hielt ich diese Eindrücke in meinen Zeichnungen und Videoanimationen fest.

• 2009 erster Durchbruch: ich zeigte auf dem Golden Tower in Peking (damals mit 16.600 qm Chinas größte Medienfassade) mein Videokunstwerk „Ding, Gang, Chui“, in dem riesige Hände das Kinderspiel Schere, Stein, Papier spielen. Die chinesische Presse berichtete landesweit und auch das chinesische Staatsfernsehen sendete einen Beitrag:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

• Das Thema „Hochhaus“ wurde nun ein wichtiger Teil in meiner künstlerischen Arbeit: 2009 erhielt ich in China Unterstützung von Siemens für die Entwicklung der hochhausförmigen Videoskulptur „Dalou“ aus 96 Flachbildschirmen. 2012 erhielt ich in China Unterstützung von Bayer für die Entwicklung der hochhausförmigen Lichtinstallation „FlexiPolis“.

• Das hochhausförmige Lichtkunstwerk „FlexiPolis“ reflektiert alle Erfahrungen und Impressionen, die ich in Bezug auf die Megametropole Peking gemacht habe:
Einsamkeit, Leere, Faszination, Anziehungskraft, Enttäuschung, soziale Kälte, technologische Innovation, Wachstum, Mutation, Zerbrechlichkeit, Turbokapitalismus, Hybris, Gier, Größenwahn, Rätselhaftigkeit, Macht…

• Nach zahlreichen Kunstprojekten in China und Deutschland wurde ich 2014 bei einem Staatsempfang zu einem Mittagessen mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping ins Schloss Bellevue eingeladen. Darüber berichtete die chinesische Presse (China Southern Weekly) in China landesweit ausführlich (siehe Foto). So bekam ich für einige Stunden einen Einblick „hinter die Fassade“. Diese seltene Erfahrung brachte mich dazu, mich noch intensiver mit „Fassaden“ und Widersprüchen in meiner künstlerischen Arbeit zu befassen.

• Bis heute habe ich „FlexiPolis“ ständig weiterentwickelt. Zusammen mit weiteren aktuellen Arbeiten wird das interaktive Lichtkunstwerk „FlexiPolis“ im Levantehaus in meiner Einzelausstellung „STADTWESEN“ ausgestellt.

 

Fakten zu „FlexiPolis“

  • es ist interaktiv (Besucher können das virtuelle Stadtleben (Lichtanimationen) mit ihrem Smartphone verändern).
  • es besteht aus Stahl (Sockel), Acrylglas (Skulpturen), LED-Platinen (eigene Entwicklung), WLAN-Interface, Software.
  • es besteht aus einem eigens entwickelten Stecksystem aus:
    357 Acrylglaselementen
    10 Hochhaus-Skulpturen
    29 Stockwerken (Module)
    10 Minicomputer
    156 LED-Platinen
    780 LEDs (kaltweiß)
    780 LEDs (warmweiß)
    156 Kabeln
  • es ist evolutionär und wurde über vier Jahre in Kooperation mit mehreren Unternehmen aus den Bereichen Software, Elektrotechnik und Kunststoffverarbeitung stetig weiterentwickelt.
  • es ist flexibel – alle Elemente (Fundamente, Module, Dächer, Dachspitzen) können miteinander zu neuen Hochhaus-Skulpturen und Stadtlandschaften kombiniert werden („Lego für Oligarchen“).
  • die Software wird seit 2017 in Kooperation mit der TH Wedel weiterentwickelt.
  • Lichtanimationen bilden das virtuelle Innenleben der transparenten Hochhausskulpturen (Gewitter, Wirbelsturm, Fahrstühle, Diamantfunkeln…).

„FlexiPolis“ bildet keine bestehende Stadt ab, sondern macht das Lebensgefühl, die Komplexität und Ambivalenz moderner Metropolen sichtbar. Die Betrachter sollen sich von der funkelnden „Glitzerwelt“ wir kleine Kinder magisch angezogen und ausgeliefert fühlen.

STADTWESEN von Tobias Zaft im Levantehaus Hamburg 2017

Infos zur Einzelausstellung „STADTWESEN“ im Levantehaus:

Die Ausstellung zeigt großformatige und raumfüllende Installationen und Bilder des Künstlers vor und im Levantehaus.

Darunter:

1) „Zone XL“, eine dunkle über vier Meter hohe „urbane Mutation“ auf der Mönckebergstraße, die von einer stählernen Infrastruktur (Gewicht 800 kg!) umzäunt ist. Sie bildet mit ihren fensterlosen, schwarzen Wolkenkratzern aus luftgefülltem Kunststoff als monumentale „Immobilienblase“ den Gegenpol zur transparenten Lichtinstallation „FlexiPolis“.

2) „Zone L“, drei abstrakte, ebenfalls von Stahl-Netzwerken umhüllte Stadtkerne, die im überdachten Haupteingang des Levantehauses von oben herab hängen. Über den Köpfen der Besucher wirken diese abstrakten Installationen wie fremde Galaxien.

3) Eine Sound-Installation im überdachten Haupteingang. Leise ist ein babylonisches Sprachen-Wirrwarr (chinesisch / deutsch) aus Lautsprechern zu vernehmen. Während die Besucher die futuristischen Stadt-Installationen betrachten, verweist diese Sound-Collage auf die Vergangenheit.

4) „FlexiPolis“, eine komplexe „Stadt aus Licht“, die in der Rotunde des Levantehauses vom Erdgeschoss in das erste Stockwerk hinauf ragt. Interaktion: Per Smartphone können die Besucher das virtuelle Leben (Lichtanimationen) verändern. Bereits von der Mönckebergstraße ist die Lichtinstallation sichtbar und wirkt anziehend wie eine Fata Morgana, die sich bei näherer Betrachtung förmlich in ein transparentes „Nichts“ auflöst.

5) „Zones“, Bilder (Acryl auf Hartschaumplatte, Holz), die in der „Galerie im Levantehaus“ im 1. OG zu sehen sind.

Mehr Informationen zu Tobias Zaft finden Sie hier.

Austellung von Tobias Zaft in Hamburg STADTWESEN ist noch bis zum 18 November 2017, also noch gut eine Woche, zu sehen.

***
Bilder & Text: Tobias Zaft

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen